»Auch Jahrzehnte nach seinem Tod am 26. Mai 1984 in
Berlin-West haben seine Arbeiten nichts von ihrer intensiven
Ausstrahlungskraft verloren. Ihm ist es gelungen – und darin
besteht eine seiner bleibenden Leistungen – in die
Gestaltung der menschlichen Figur eine existentielle
Diesseitigkeit einzubringen, welche dem klassischen Sujet
des Stehens, Sitzens und Liegens eine neue Dimension
abgewinnt, indem eine innere Bewegtheit dem Körper ein
Moment der potentiellen Veränderung zukommen lässt. Ein
Anflug von situativer Augenblicklichkeit verbindet sich in
seinen Arbeiten mit einer festgefügten, beständig
erscheinenden Grundkomposition, welche den Eindruck eines
möglichen Haltungswechsels durch eine konstant anmutende
Ausgewogenheit des statuarischen Gesamtgefüges wieder
aufhebt. Dieser Widerstreit aber zeitigt eine eigene,
nachdrücklich spürbare Wirkung. So avancieren seine
Darstellungen zu einem greifbaren Gegenüber, ohne sich
jedoch in einer genrehaften Nachbildung zu verlieren. Diese
für Waldemar Grzimek charakteristische Erfassung
menschlichen Seins gilt sowohl für seine verknappende
Tektonik der 1950er Jahre als auch für die wuchtig
ausgreifenden Körperformationen seit Anfang der 1960er
Jahre.« Dr. Fritz Jacobi, Kustos der Neuen Berliner Nationalgalerie
a. D., aus Anlass des 100. Geburtstages von Grzimek
»Waldemar Grzimeks soziales Bewusstsein und
gesellschaftliches Engagement, sein Widerstand gegen die
Diktatur und sein Bekenntnis zur Würde des Menschen führten
folgerichtig zur intensiven Beschäftigung seiner besonderen
Aufgabe – der Gestaltung von Denkmälern und Mahnmalen.«
Eberhard Rothers in »Der Bildhauer Waldemar Grzimek«, Propyläen
Heinrich-Heine-Denkmal
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»Ich wollte keinen konfliktlosen Heine gestalten«,
schrieb Waldemar Grzimek 1956 in einem
Zeitungsartikel, »weder allein den lyrischen noch
den tragischen oder den kämpferischen, mir kam es
darauf an, den ganzen Komplex dieser differenzierten
Persönlichkeit, freilich mit besonderer Richtung auf
das Kämpferische wiederzugeben.«
Grzimek hatte den Auftrag 1954 vom Kulturfonds
Groß-Berlin bekommen, einer Institution der DDR. Die
Skulptur sollte an einem repräsentativen Ort in
Berlin aufgestellt werden, am Kastanienwäldchen
neben der Straße Unter den Linden, in Nachbarschaft
zur Humboldt-Universität (wo Heine 1821 an der
juristischen Fakultät eingeschrieben war). Es war
geplant, das Denkmal am 100. Todestag des Dichters
einzuweihen.
Heinrich-Heine-Denkmal, 2. Fassung
1954/56 |
Den Auftraggebern aber war das Denkmal nicht ›heldenhaft‹
genug, Heine wurde in der DDR insbesondere als Revolutionär
verehrt, weniger als Lyriker oder Dichter. Das Denkmal wurde
in den Volkspark am Weinbergsweg verbannt.
1997 begann ein neues Kapitel dieser Geschichte. Die
Berliner Mauer war längst gefallen, die DDR existierte nicht
mehr, und der damalige Kultursenator von Berlin, Peter
Radunski, schlug auf Drängen der Waldemar-Grzimek-Stiftung
unter dem damaligen Geschäftsführer Dr. Gernot Moegelin vor,
die verbannte Figur zum 200. Geburtstag Heines an dem Platz
aufzustellen, für den sie geschaffen worden war.
Hinhaltender Widerstand kam von dem zuständigen
Bezirksstadtrat Thomas Flierl, der ungefähr so
argumentierte: das Nichtvorhandensein dieses Denkmals am
Kastanienwäldchen, einem Gelände im Zentrum des ehemaligen
preußischen Militarismus, sei die eigentliche Denkwürdigkeit
und daher vorzuziehen. Eine Entscheidung fiel erst Jahre
später. Inzwischen hatte sich in Peter Dussmann ein Mäzen
gefunden, der 125.000 € für einen neuen Abguss spendete –
und am 13. Dezember 2002, dem 205. Geburtstag des Dichters,
wurde eine genaue Kopie des Denkmals am ursprünglich
beabsichtigten Standort enthüllt. Mit Hilfe des originalen
Gipses wurde am 1. Oktober 2010 ein weiterer Guss der
Skulptur angefertigt, das Heinrich-Heine-Denkmal in Bremen,
welches neben der Kunsthalle der Hansestadt aufgestellt
wurde.
Mahnmal für die Opfer des Konzentrationslagers Sachsenhausen
Mahnmal für die Opfer des Konzentrationslagers Sachsenhausen,
1960
»Das Mahnmal fordert andere Empfindungen, es fordert Trauer,
Scham, Selbstbesinnung, Nachdenken, Insichgehen,
Selbsterforschung, Selbstbekenntnis, es fordert aus der
Trauer und der Scham heraus Mut zur Übereindung des Bösen,
das geschieht und es ruft auf zu einem ›Dennoch‹ in der
Erneuerung des Glaubens an die Würde des Menschen. … Für das
Mahnmal der Gedenkstätte Sachsenhausen hat Grzimek die
zentrale Skulpturengruppe geschaffen. Im Oeuvre des
Künstlers ist sie ein Hauptwerk, in dessen Gestaltung er all
seine bisherigen bildhauerischen Erfahrungen mit all seiner
aus stellungnehmenden politischen Erleben gewonnenen
menschlichen Anteilnahme vereinigt.« Eberhard Roters, ebd.
Brunnen auf dem auf dem Wittenbergplatz
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»Für den Brunnen auf dem Berliner Wittenbergplatz
(...) erzählte Grzimek noch einmal mit locker
verteilten Aktfiguren von deinen Hoffnungen auf ein
selbst bestimmtes, alltägliches Leben aller Menschen
und ein Überleben der sich selbst bedrohten
Menschheit.«
Peter H. Feist in »FIGUR OBJEKT, Plastik im 20.
Jahrhundert«, Seeman-Verlag Leipzig, 1996
Brunnen auf dem Wittenbergplatz, 1980-85 |
Bestand verfügbarer Werke
Die hier verzeichneten Plastiken sind bisher neu aufgelegt worden und sind
verkäuflich, Güsse zum Teil vorhanden bzw. können in Auftrag
gegeben werden.