Marianne Brandt, 2002/2004, Eisen, 106 x 50 x 50 cm /
Motiv der Einladung
PDF
Irrlicht oder trauende Seele, 2002/2005 Eisen, 34 x 34 x 24 cm |
Sehr geehrte Damen und Herren,
am Freitag, dem 8. April 2022 wurde in Halle (Saale) im
Kunstmuseum Moritzburg die Ausstellung
ANNA FRANZISKA SCHWARZBACH eröffnet. Eigentlich war
diese Ausstellung zu ihrem 70. Geburtstag vor zwei Jahren
geplant, aber die Corona-Pandemie hat ja noch vielmehr
verändert, als diesen Ausstellungstermin. Nun also war es
soweit.
Die Ausstellung bietet nicht nur einen umfassenden Einblick
in das Schaffen der Anna Franziska Schwarzbach, nein, vor
allem lenkt sie den Blick des Betrachters auf wesentliche
Inhalte, Materialien sowie Formen.
Die Präsentation ist keine Ausstellungsarchitektur, vielmehr
eine Inszenierung des Wesen, des Kerns ihres Werkes, sehr
eindrucksvoll. Das kann wahrscheinlich nur die
Bildhauerin/der Bildhauer selbst auf so überzeugende Weise.
Leider verstand es keiner der Redner das Besondere am Werk
der Anna Franziska Schwarzbach in Worte zu fassen und zu
vermitteln, aber vielleicht bedarf es dafür eines Poeten und
keines Kunsthistorikers oder Politikers, weder Prof. Dr.
Norbert Lammert (Präsident des Deutschen Bundestages a. D.)
noch Thomas Bauer–Friedrich (Direktor des Kunstmuseums
Moritzburg) gelang es, das ganz Besondere und Einzigartige
der großen Bildhauerin Franziska Schwarzbach den Besuchern
nahezubringen. Aber diese haben ja Augen zum Sehen und eine
Seele zum Fühlen. |
o.: Gestaltung des Blicks in das Atelier der Künstlerin
u.: Die Kinder des Marschelik Shimshon Elizil Ovitz, 2006 bis
2008, Holz |
Das Material Eisen ist das Herz ihres Werkes. Früh schon hat sie
es für sich entdeckt, Gießereien gesucht und gefunden, die
Plastiken in diesem für Kunst ungewöhnliche Material gießen,
Eisensymposien veranstaltet und die Verbindung von Material und
Form immer verfeinerter.
In der Ausstellung verbreitet das Eisen eine ganz besondere
Aura.
Eifersucht, 1982/1992
Eisen, zweiteilig, 100 x 50 x 20 cm und 100 x 40 x 20 cm |
Mittleres Donnerwetter, 1982/1998/2000
Eisen, 100 x 35 x 42 cm |
Derriere la Maison, 1982/2020, Bronze, 80 x 185 x 5 cm |
Der Morgen, 1986
Bronze, Gesamthöhe:216, Figur: 160 cm |
Benedicta Margaretha Freifrau von Löwendal, 2010/2016
Eisen, 97 x 69x 39 cm
Bettelnder weiblicher Plagegeist, 2003/2005
Eisen, 70 x 80 x 30 cm |
Die Ausstellung präsentiert die Bildhauerin als eine
ausgewiesene Porträtistin. An einer Wand reiht sie die Originale
in Gips wie Perlen auf, intensive Physiognomien, lebende
Charaktere. Sie sucht im Gesicht die individuelle
Persönlichkeit, das Antlitz ist deren Spiegel.
Nachdem Anna Franziska Schwarzbach Architektur studiert und einige Jahre als Architektin gearbeitet hatte, begann sie
1975 ein Abendstudium der Porträtplastik an der Kunsthochschule
Berlin-Weißensee. Das Porträt war der Beginn ihrer
bildhauerischen Arbeit. Viele sind inzwischen entstanden: Luise
Meitner, Mstislaw Rostropowitsch, Alexander Puschkin, Kurt Weil,
Georg Elsner, Stendhal, Marie-Elisabeth Lüders, Albert Einstein,
Ludwig van Beethoven, Mileva Maric und viele andere mehr.
Auf vielgestaltige Weise setzt sich das Porträt in den
ausgestellten Medaillen fort, die sich gleichberechtigt neben
den vollplastischen Arbeiten behaupten. Ihre Auszeichnung mit
dem
J. Sanford Saltus-Preis der American Numismatic Society im
Jahre 2020 als erst zweite unter den Bildhauerinnen und
Bildhauern in Deutschland ist Beleg für die außergewöhnliche
Qualität ihrer Medaillenkunst.
Noch zwei Beispiele für Beteiligungen an Wettbewerben hält die
Ausstellung bereit:
Chorknaben, 2006
Holz, 81 x 19 x 12 cm, 83 x 21 x 19 cm |
Schithe & Goller, 2013
Bronze, 97 x 34 x 27 cm |
Und zum Schluss die Akteure:
Anna Franziska Schwarzbach, Prof. Dr. Norbert Lammert (li.),
Thomas Bauer-Friedrich (Mitte)
|
Spätestens mit dieser Ausstellung
und der ersten umfassenden
Monographie (hier
ein Blick ins Buch) über ihr Werk hat Anna Franziska
Schwarzbach ihre museale Weihe empfangen, spätestens ab
jetzt gehört Sie zu den bedeutendsten Bildhauern in
Deutschlands.
Dabei ist ihr Werk uneitel, sie sucht nicht nach der
besonderen Form, sie will nichts Extravagantes, sie will
nicht auffallen mit ihrem Schaffen. Sie verkündet keine
Thesen zur gültigen plastischen Form. Sie widmet sich ›nur‹
dem Bild vom Menschen, oft dem Bild des zurückgesetzten, des
geschundenen oder vergessenen. Ihr Humanismus überstrahlt
das Werk, das Menschliche sucht sie in jeder Gestalt. Ihre
Ausstellung im Herbst 2015 im stilwerk Berlin nannten wir
daher schlicht
»Menschen« von Franziska Schwarzbach.
Möge man weithin von Anna Franziska Schwarzbach Kenntnis
nehmen, auch westlich der Elbe. |
Zur Abrundung des gelungenen Abends trug das beeindruckende
Spiel des Cellos durch den Kubaner Douglas Vistel bei.
(Zusammen mit seiner Frau, der Pianistin Almuth
Krausser-Vistel, unterhält der Cellist in Berlin in der
Leipziger Straße den
Cellomusiksalon mit regelmäßigen Konzerten, T.: 030
48825533 und vereinbart Privatkonzerte am gewünschten Ort.)
Der Besuch der Ausstellung ist empfehlenswert, sie läuft bis zum
28. August 2022 und ist von Montag bis Sonntag sowie an
Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet, nur Mittwoch ist Ruhetag,
ein guter Tipp für ein verregnetes Osterfest.
Für dieses aber wünsche ich Ihnen alles Gute, vielleicht lugt
die Sonne doch etwas hervor, ruhen Sie sich aus, genießen Sie
das Leben mit Familie oder Freunden ohne Maske und bleiben Sie
trotzdem gesund. Eventuell finden Sie ja auch etwas Schönes oder
Brauchbares im Gras.
Herzliche Ostergrüße von
Ihrem Wilfried Karger |